Was bedeutet chronisches Müdigkeitssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome, CFS)?

Chronisch erschöpft und keiner weiß warum!

Das chronische Müdigkeitssyndrom, bzw. chronische Erschöpfungssyndrom wird sehr selten diagnostiziert. Es gibt eine kleine Gruppe von Menschen, die unter so extremer und andauernder Erschöpfung leiden, dass sie ihre beruflichen und familiären Aktivitäten extrem eingeschränkt haben. Bis heute ist noch nicht genau geklärt, welche Ursachen hinter diesem sehr seltenen Beschwerdebild stehen. Auch wenn die Diagnose des Chronischen Müdigkeitssyndroms gestellt werden kann, ist das für die Patienten jedoch häufig nur wenig hilfreich, das es derzeit noch keine tatsächlich wirksamen Therapiemöglichkeiten gibt.

In der medizinischen Fachwelt gibt es verschiedene mehrere Falldefinitionen, nach denen die Diagnose CFS gestellt werden kann.

In Deutschland gilt die folgende Definition für das chronische Müdigkeitssyndrom gemäß der derzeit gültigen S3-Leitlinie „Müdigkeit“:

(AWMF-Register-Nr. 053-002, DEGAM-Leitlinie Nr.2, Quelle: AWMF online, Abruf am 4.5.2020)

  • Müdigkeit bzw. Erschöpfungsneigung bestehen seit längerer Zeit (meist > 6 Monate)
  • Es lässt sich ein Beginn der Symptomatik definieren, d. h. das Problem besteht nicht lebenslang
  • Das Symptom ist so stark ausgeprägt, dass eine signifikante Störung von körperlicher, seelischer und sozialer Funktion sowie Lebensqualität resultiert
  • Belastung (körperliche, aber auch mentale oder emotionale) verschlechtert die Symptomatik
  • Es fehlt eine alternative Erklärung (körperliche oder seelische Störung)

Muss-Kriterien: 3+1

Eine Diagnose CFS erfordert demnach die folgenden drei dauerhaft vorliegenden (mindestens die Hälfte der Zeit) Symptome:

  1. Eine im Vergleich zur Zeit vor der Erkrankung substanzielle Einschränkung der Fähigkeit zu beruflichen, schulischen, sozialen oder persönlichen Aktivitäten, die länger als 6 Monate besteht und von Müdigkeit begleitet ist
  2. Abgeschlagenheit nach körperlicher Belastung (engl. post-exertional malaise)
  3. Nicht erholsamer Schlaf

Außerdem muss mindestens eines der beiden folgenden Symptome vorliegen:

  1. Kognitive Einschränkungen (Störung des Gedächtnisses, Aufmerksamkeit, Verlangsamung)
  2. Orthostatische Intoleranz

Therapeutische Möglichkeiten und Maßnahmen bei CFS oder einer systemischen Belastungsintoleranzerkrankung:

  • ein positives Akzeptieren der Person und Verständnis für die Beeinträchtigung durch das Symptom
  • eine integrierte psychosoziale und somatische Betreuung
  • körperliche Aktivität unter Vermeidung einer Überlastung der Patienten
  • kognitiv-behaviorale Verfahren
  • die Behandlung von weiteren Symptomen (z. B. Schlafstörungen, Schmerzen).

Falldefinition chronisches Müdigkeitssyndrom aus Großbritannien (NICE):

Die Diagnose des CFS/ME wird allein auf Grund des klinischen Bildes gestellt. Allgemeinärzte sollten mit dem Krankheitsbild vertraut sein und die Diagnose stellen können. Die Möglichkeit eines CFS/ME ist zu erwägen, wenn eine Person folgende Symptome aufweist:

Anstrengung, Schlafstörung und Schmerz; hat mindestens zwei neurologische/kognitive Symptomebzw. Befunde und mindestens zwei Symptome der autonomen, neuroendokrinen oder immunologischen Bereiche.

Müdigkeit: neu aufgetretene, anders nicht erklärbare, persistierende oder rezidivierende physische und mentale Müdigkeit, durch welche die körperliche Aktivität substanziell eingeschränkt wird. Müdigkeit mit den folgenden Charakteristika:

  • Neu aufgetreten bzw. mit einem definierten Beginn (also nicht lebenslang bestehend)
  • Persistierend bzw. rezidivierend
  • Nicht erklärbar durch andere Erkrankungen
  • Hat zu substanzieller Abnahme des Aktivitätsniveaus geführt
  • Charakterisiert durch Auftreten von Erschöpfung bzw. Abgeschlagenheit nach Anstrengung (typischerweise verzögert, z.B. über mindestens 24 h, mit langsamer Erholung über mehrere Tage)

UND mindestens eines der folgenden Symptome:

  • Schlafschwierigkeiten (Insomnie = Schlaflosigkeit, Hypersomnie = Schlafsucht)
  • Nicht erholsamer Schlaf, gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus
  • Multiple Muskel- bzw. Gelenkschmerzen ohne Hinweise auf Entzündung
  • Kopfschmerzen
  • Schmerzhafte Lymphknoten ohne tastbare Vergrößerung
  • Halsschmerzen
  • Kognitive Dysfunktion, z.B. Denk- und Konzentrationsschwierigkeiten, beeinträchtigtes Kurzzeitgedächtnis, Wortfindungs-Störungen, Schwierigkeiten bei Planungs-bzw. organisatorischen Überlegungen und Informationsverarbeitung
  • Körperliche oder mentale Anstrengung verschlimmert die Symptome
  • Allgemeine Abgeschlagenheit oder grippeähnliche Symptome
  • Diffuser Schwindel und/oder Übelkeit
  • Palpitationen (verstärkter Puls) ohne definierte kardiale (Herz-) Erkrankung

Falldefinition chronisches Müdigkeitssyndrom aus Kanada:

Ein Patient mit ME/CFS erfüllt die Kriterien für Müdigkeit, Erschöpfung bzw. Abgeschlagenheit nach Anstrengung, Schlafstörung und Schmerz; hat mindestens zwei neurologische/kognitive Symptome bzw. Befunde und mindestens zwei Symptome der autonomen, neuroendokrinen oder immunologischen Bereiche.

  1. Müdigkeit: neu aufgetretene, anders nicht erklärbare, persistierendeoder rezidivierende physische und mentale Müdigkeit, durch welche die körperliche Aktivität substanziell eingeschränkt wird.
  2. Erschöpfung bzw. Abgeschlagenheit nach Anstrengung: nicht angemessener Verlust des körperlichen oder mentalen Durchhaltevermögens, schnelle muskuläre und kognitive Ermüdbarkeit, oft verbunden mit einer Verschlechterungassoziierter Symptome. Die Erholung ist pathologisch verzögert,  meist auf 24 h oder mehr.
  3. Schlafstörung: nicht erholsamer Schlaf oder unzureichende Schlafdauer oder Störung des Schlafrhythmus
  4. Schmerz: starke Myalgien, aber auch Schmerzen in Gelenken; insgesamt über mehrere Körperregionen verteilt und wandernd; neu aufgetretene bzw. veränderte Kopfschmerzen häufig.
  5. Neurologische/ kognitive Manifestationen: mindestens zwei der folgenden sollten erfüllt sein: Verwirrtheit, verminderte Konzentration und Kurzzeit-Gedächtnis, Desorientiertheit, Schwierigkeiten bei Informationsverarbeitung, Einordnung (Kategorisierung) und Wortfindung, Wahrnehmungs- bzw. Sinnesstörungen wie z.B. Desorientiertheit im Raum oder Akkomodationsstörungen des Auges. Ataxie, Muskelschwäche und Faszikulationen sind häufig, ebenso „Überladungs-Phänomene” wie starke Licht- oder Geräuschempfindlichkeit
  6. Mindestens ein Symptom der folgenden Bereiche:
    a) Autonome Manifestationen: orthostatische Intoleranz, autonome Hypotonie, orthostatisches Tachykardie-Syndrom, verzögerte orthostatische Hypotonie; Schwindel; extreme Blässe; Übelkeit und irritables Colon; Pollakisurie und Blasenstörungen;Palpitationen mit/ ohne Herzrhythmusstörungen; Belastungsdyspnoe.
    b) Neuroendokrine Manifestationen: Verlust der Thermoregulation; subnormale Körpertemperatur und zirkadiane Fluktuation, episodisches Schwitzen, rezidivierendes Gefühl von Fieber und Kälte; Intoleranz von extremer Hitze und Kälte; deutliche Gewichtsänderung: Anorexie oder vermehrter Appetit; Verlust von Anpassungsfähigkeit und Symptomverschlechterung bei Stress.
    c) Immunologische Manifestationen: schmerzhafte Lymphknoten, rezidivierende Halsschmerzen, rezidivierende grippeähnliche Symptome, allgemeine Abgeschlagenheit, neu aufgetretene Überempfindlichkeiten gegen Nahrungsmittel, Medikamente und/oder Chemikalien
  7. Die Erkrankung persistiert für mindestens 6 Monate. In der Regel hat sie einen definierten Beginn. Relevante Symptome müssen mit der Erkrankung begonnen bzw. sich zu diesem Zeitpunkt wesentlich verändert haben. Einzelne Symptome und wie auch die gesamte Beeinträchtigung können zeitlich stark variieren, betroffene Patienten weisen meist individuelle Symptom-Cluster auf.

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